Die gelernte Weltsprache

Dolmetscher Englisch vs. William Shakespeare

Am 23. April begeht die UNESCO den „Internationalen Tag der englischen Sprache“, der 2016 auf den 400. Todestag William Shakespeares fällt. Was der Dichter noch „The King’s English“ nannte, verändert sich rapide. Heute sprechen weltweit 1,5 Milliarden Menschen Englisch – darunter aber nur ein Viertel als Muttersprachler.

William Shakespeare schrieb seine Dramen für das ganz große Theater: Seine Spielstätte, das „Globe Theatre“ in London, fasste im Jahr 1599 bereits 3.000 Zuschauer. London hatte ungefähr 250.000 Einwohner, etwa 5 Millionen lebten im englischen Königreich. Seitdem hat die englische Sprache einen Aufstieg ohnegleichen erlebt, ist zum bestimmenden Exportgut Großbritanniens geworden. Heute spricht jeder fünfte Mensch auf der Welt Englisch entweder als Mutter-, Zweit- oder Fremdsprache – wodurch sich auch die Sprache Shakespeares verändert.

„Englisch ist die gelernte Weltsprache. Unter den 1,5 Milliarden Menschen, die Englisch sprechen, ist nur jeder vierte ein Muttersprachler. Englisch verändert sich damit zusehends. Einerseits gibt es unendlich viele Spielarten von gelebtem Englisch, angefangen vom ‘Singlish‘ in Singapur bis zum uns wohlvertrauten ‘Denglisch‘ der Deutschen. Wir hören andererseits auf internationaler Ebene immer öfter ein angeeignetes ‘Global English‘ – quasi als kleinsten gemeinsamen Nenner – das in der Kommunikation häufig an Überzeugungs- und Ausdruckskraft verliert. Für uns Konferenzdolmetscher ist gerade dieses formlose, aber so vielfältige ‘Globish‘ eine besondere Herausforderung“, so Christa Gzil, Vorstand der AIIC Region Deutschland.

Fehler oder default?

Der Fünf-Uhr-Tee, der Buckingham-Palast und die Königliche Familie zählen zu den Ikonen, die wohl jedes Englisch-Schulbuch nutzt. Dabei hat Englisch vielfältige Wurzeln: Es zählt zur indogermanischen Sprachfamilie, seine nächste verwandte Sprache ist das Friesische, und in Grammatik und Wortschatz hat das moderne Englisch ungewöhnlich viele Einflüsse aufgesogen. Das deutsche „königlich“ kann – mit Anleihen aus dem Altenglischen, Französischen und Lateinischen – auf drei unterschiedliche Weisen gedolmetscht werden: kingly, royal, regal, mit jeweils feinen Nuancen.

Dass Wörter und Nuancen entscheidend sind, musste VW-Chef Matthias Müller während eines Interviews mit dem US-Radiosender NPR im Januar 2016 erfahren. Sichtlich unter Druck entgegnete er auf die Frage, wie man nicht nur die technischen, sondern auch die tief verankerten ethischen Probleme innerhalb seines Konzerns angehen wolle: „We made a default … we had a … not the right interpretation of the American law.“ Nicht nur verwendete er hier das falsche Wort für das Eingeständnis eines Fehlers, nämlich „default“, was vieles heißen kann, von Standardeinstellung bis Zahlungsverzug. Er erweckte auch den Eindruck, die Manipulation der Abgaswerte bei VW zu bagatellisieren, indem er sagte, das Ganze sei einfach eine „Fehlinterpretation“ der amerikanischen Gesetze gewesen. Der Chef der Euro-Gruppe, der Niederländer Jeroen Dijsselbloem, löste 2013 mit einem auf Englisch geführten Interview gar eine Talfahrt des Euros aus, als er den Modellcharakter der Zypernlösung für die Währungsunion nicht zurückwies, weil er die Ausgangsfrage nach einem „template“ (Schablone) missverstand.

„Vor laufender Kamera in Live-Situationen verkennen Nicht-Muttersprachler manchmal die Bedeutung von Schlüsselvokabeln. Das gilt für Spitzenpolitiker und Vorstandvorsitzende ebenso wie für Wissenschaftler und Künstler. Englisch ist nun einmal eine gelernte Weltsprache – wunderbar im direkten Austausch, aber mit viel Raum für Missverständnisse. Hier sind Dolmetscher die Garanten dafür, dass die Kommunikation gelingt“, so Gzil.

Fachdolmetscher bei AIIC Deutschland
Ignacio Hermo ist seit 2011 AIIC-Mitglied und besitzt hohe Kompetenzen im Simultan- und Konsekutivdolmetschen. Als professioneller Übersetzer und Fachdolmetscher für Technik ist er auf die Sprachen Spanisch, Englisch und Deutsch spezialisiert. Ignacio unterstützt außerdem Medienprojekte als Werbe- und Synchronsprecher.
Ignacio Hermo
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