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Berufsstandards

Version 2015
Letzte Aktualisierung: 19. August 2016

In Anwendung von Artikel 18 (b) Absatz 2 der Satzung sowie der Artikel 7 und 8 der Berufsethik verabschiedet die Versammlung des Internationalen Verbands der Konferenzdolmetscher hiermit die folgenden Berufsstandards mit dem Ziel, höchste Qualität unter gebotener Berücksichtigung der mit der Ausübung des Berufs verbundenen körperlichen und geistigen Grenzen zu gewährleisten.

Diese Standards gelten auch für AIIC-Kandidat*innen sowie für Präkandidat*innen.

Artikel 1

Berufswohnsitz

  1. Verbandsmitglieder geben eine Anschrift als Berufswohnsitz an. Diese wird im Mitgliederverzeichnis der AIIC veröffentlicht und dient unter anderem als Grundlage für die Einteilung der Regionen.
  2. Verbandsmitglieder, die bei einem Sprachendienst einer Organisation festangestellt sind, machen ihre Beschäftigung im Mitgliederverzeichnis kenntlich. Ihr Berufswohnsitz muss sich an dem Ort befinden, an dem sie als beschäftigt geführt werden.

In Anbetracht der regionalen Struktur des Verbandes und um sicherzustellen, dass die Mitglieder ihr Stimmrecht bei satzungsgemäßen Regionalversammlungen ausüben können und die Regeln für die Beitragsordnung eingehalten werden, ist eine Verlegung des Berufswohnsitzes von einer Region in eine andere für einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten nicht zulässig. Sollte sich der Berufswohnsitz ändern, ist dies dem Sekretariat mindestens einen Monat vor dem vorgesehenen Termin mitzuteilen, um sicherzustellen, dass die neue Anschrift rechtzeitig im Mitgliederverzeichnis der AIIC veröffentlicht werden kann. Das Sekretariat informiert sodann die Büros der beiden betroffenen Regionen.

Artikel 2

Aufträge

  1. Um Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten zu vermeiden, sollten Verbandsmitglieder nur Aufträge annehmen, bei denen sie die genauen Bedingungen kennen und sicher sind, dass ihre Identität und ihr Honorar dem Ausrichter der Konferenz bekannt sind (in Fällen, in denen der Ausrichter der Konferenz nicht der Auftraggeber ist, gelten die in Anhang 2 festgelegten besonderen Bedingungen).
  2. Der Verband stellt seinen Mitgliedern einheitliche Vertragsvorlagen zur Verfügung.
  3. In jedem Vertrag mit einem Verbandsmitglied ist Folgendes festzuhalten:

Die Verdolmetschung dient lediglich der sofortigen Anhörung am Veranstaltungsort. Ohne die vorherige Zustimmung der beteiligten Dolmetscher*innen dürfen, in Übereinstimmung mit internationalen Urheberrechtsabkommen, keine Aufnahmen gemacht werden. Dies gilt auch für die Teilnehmer*innen der Veranstaltung.

Artikel 3

Rücktritt vom Vertrag

1. Rücktritt durch die Dolmetscher*innen

Verbandsmitglieder dürfen nicht von einem Vertrag zurücktreten, es sei denn

  1. sie informieren rechtzeitig über ihren Rücktritt;
  2. sie können ihren Rücktritt stichhaltig begründen;
  3. sie können der organisierenden Dolmetscher*in oder, wenn es keine organisierende Dolmetscher*in gibt, direkt den Veranstaltern der Konferenz einen Ersatz vorschlagen, so die Veranstalter es nicht vorziehen, sich selbst um einen Ersatz zu kümmern;
  4. sie holen in jedem Fall so schnell wie möglich die Zustimmung der Organisator*in bezüglich der Änderung ein.

2. Rücktritt durch die Veranstalter

Verträge sollten eine Klausel enthalten, die es den Veranstaltern ermöglicht, von dem Vertrag zurückzutreten.

Artikel 4

Vergütung

Mit Ausnahme derjenigen Fälle, in denen der Verband ein Übereinkommen unterzeichnet hat, legen die Verbandsmitglieder die Höhe ihrer Vergütung selbst fest.

Artikel 5

Unvergütete Arbeit

Wenn Verbandsmitglieder ihre Dienstleistung unentgeltlich für gemeinnützige oder humanitäre Zwecke anbieten, halten sie dennoch die Bedingungen ein, die in der Berufsethik und in diesen Berufsstandards festgelegt sind.

Artikel 6

Dolmetschteams

Angesichts der körperlichen und geistigen Erschöpfung, die durch anhaltende Konzentration entstehen, gelten zwangsläufig bestimmte Grenzen für die Zusammensetzung der Teams, um fortlaufend höchste Qualität zu gewährleisten.

Die Mindestanzahl an Dolmetscher*innen, die für ein Team erforderlich ist, hängt von ebendiesen Grenzen sowie vom Dolmetschmodus, der Anzahl der gesprochenen Sprachen, der Sprachen-kombinationen der Dolmetscher*innen des Teams, der Art der Konferenz, ihrer Dauer und dem Arbeitsaufwand ab.

1. Konsekutivdolmetschen

Anzahl der verwendeten Sprachen: Minimale Anzahl von Dolmetscher*innen:

Aus zwei Sprachen in zwei Sprachen: Zwei

Aus drei Sprachen in drei Sprachen: Drei

Unter bestimmten Umständen und sofern die Grundsätze der Qualitätssicherung und des Gesundheitsschutzes gewahrt bleiben, kann eine Dolmetscher*in statt zwei oder zwei statt drei Dolmetscher*innen eingesetzt werden.

2. Flüsterdolmetschen

Für eine Konferenz, bei der eine oder zwei Sprachen in eine andere Sprache gedolmetscht werden und nicht mehr als zwei Zuhörer*innen anwesend sind, sind mindestens zwei Dolmetscher*innen erforderlich, unabhängig davon, ob in die andere Richtung konsekutiv gedolmetscht wird oder nicht.

3. Simultandolmetschen

Dolmetschteams sollten so zusammengestellt werden, dass der Einsatz von Relais möglichst vermieden wird. Gibt es jedoch keine Alternative zur Verwendung von Relais für eine bestimmte Sprache, so sollte das Team aus mindestens zwei Dolmetscher*innen bestehen, die in der Lage sind, ein Relais aus dieser Sprache anzubieten. Wenn das Relais aus einer Leitkabine bereitgestellt wird, sollten außerdem mindestens drei Dolmetscher*innen in dieser Kabine arbeiten.

In der Regel besteht ein Team aus mindestens zwei Dolmetscher*innen pro Sprache und Kabine. Damit soll eine angemessene Abdeckung aller Sprachkombinationen und die gebotene Qualität gewährleistet werden.

Die Anzahl der Dolmetschkabinen entspricht der Anzahl der Zielsprachen, außer bei zweisprachigen Konferenzen, bei denen eine einzige Kabine ausreichen kann.

Tabelle zur Teamstärke siehe unten.

Tabelle zur Teamstärke für Simultanverdolmetschung in Kabinen:

Anzahl der im Konferenzraum Anzahl Kabinen Anzahl Dolmetscher*innen
verwendeten Sprachen (1)
Einsprachige Konferenz:
in eine andere Sprache 1 2*
in zwei andere Sprachen 2 4
… (2)
Zweisprachige Konferenz:
in eine der verwendeten Sprachen 1 2*
in beide verwendete Sprachen 1 oder 2 3**
in drei Sprachen (2+1) 3 5
in vier Sprachen (2+2) 4 7
… (2)
Dreisprachige Konferenz:
in eine der verwendeten Sprachen 1 2
in zwei der verwendeten Sprachen 2 3
in alle drei verwendeten Sprachen 3 5***
in vier Sprachen (3+1) 4 7
in fünf Sprachen (3+2) 5 9
… (2)
Viersprachige Konferenz:
in eine der verwendeten Sprachen 1 2
in zwei der verwendeten Sprachen 2 4
in drei der verwendeten Sprachen 3 6
in alle vier Sprachen 4 8***
in fünf Sprachen (4+1) 5 10
in sechs Sprachen (4+2) 6 12
… (2)
Fünfsprachige Konferenz:
in eine der verwendeten Sprachen 1 2
in zwei der verwendeten Sprachen 2 4
in drei der verwendeten Sprachen 3 6
in vier der verwendeten Sprachen 4 8
in alle fünf verwendeten Sprachen 5 10
in sechs Sprachen (5+1) 6 12
in sieben Sprachen (5+2) 7 14
… (2)

Anmerkungen zu Tabelle Teamstärke:

(1) Diese Anzahl wird erhöht, wenn:

(2) Usw.: Jede durchgehend arbeitende Kabine benötigt mindestens zwei Dolmetscher*innen. Darüber hinaus sind diese Kabinen im Falle eines Relais durch eine Leitkabine mit mindestens drei Dolmetscher*innen zu besetzen.

*Als allgemeingültige Regel soll eine Dolmetscher*in nicht allein in einer Simultankabine arbeiten, ohne dass eine Kolleg*in bei Bedarf zur Ablösung verfügbar ist.

**Eine von ihnen muss in der Lage sein, jede der beiden anderen abzulösen. Unter bestimmten Umständen kann diese Anzahl auf zwei (insbesondere für kurze oder allgemeine Treffen, sofern jede der beiden Dolmetscher*innen in beide Sprachen arbeiten kann) reduziert werden.

***Unter bestimmten Umständen und sofern die Grundsätze der Qualitätssicherung und des Gesundheitsschutzes gewahrt bleiben, kann diese Anzahl um eine Dolmetscher*in reduziert werden (kurze oder allgemeine Treffen).

4. Videokonferenzen

Der Verband stellt besondere Vorschriften bzgl. der Arbeit der Dolmetscher*innen bei Videokonferenzen auf.

Artikel 7

Arbeitstag der Dolmetscher*innen

Angesichts der Einschränkungen in Bezug auf Qualität und Gesundheit sollte die normale Dauer eines Arbeitstages für Dolmetscher*innen zwei Sitzungen zwischen je zweieinhalb und drei Stunden nicht überschreiten.

Artikel 8

Arbeitsfreie Tage

Verträge enthalten ggf. eine Klausel bzgl. arbeitsfreier Tage sowie Reisetage zur Erholung nach einer langen Reise oder Briefingtagen.

Artikel 9

Reisen

Verträge enthalten ggf. eine Klausel zur Abdeckung von Reisevereinbarungen.

Artikel 10

Erholungstage

Die Reisebedingungen dürfen weder die Gesundheit der Dolmetscher*innen noch ihre Arbeit nach einer Reise beeinträchtigen.

Nach langen Reisen oder nach Reisen mit erheblicher Zeitverschiebung ist in Erwägung zu ziehen, Erholungstage einzuplanen.

Artikel 11

Unterbringung und Verpflegung

Verträge enthalten ggf. eine Unterbringungs- und Verpflegungsklausel.

Das Sekretariat hält eine Liste mit weltweit gängigen Hotelpreisen sowie eine Liste von Hotels bereit, die Mitgliedern Rabatte einräumen und stellt diese den Mitgliedern auf Anfrage zur Verfügung.

Artikel 12

Vereinbarungen

Mitglieder sind uneingeschränkt an die Bedingungen gebunden, die für freiberufliche Mitglieder gelten, die für Organisationen arbeiten, welche eine Vereinbarung (Rahmenabkommen) mit dem Verband unterzeichnet haben und die in besagten Vereinbarungen enthalten sind, die das Ergebnis von Verhandlungen, insbesondere zu Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Teamstärke und Sozialversicherung sind.

Artikel 13

Regierungskonferenzen außerhalb des Agreement Sector

Eine Reihe von Sonderregelungen, die nicht von den mit dem Verband unterzeichneten Verein-barungen abgedeckt werden, können für die Arbeit von Mitgliedern in bestimmten zwischen-staatlichen Konferenzen gelten.

Artikel 14

Angestellte Dolmetscher*innen

Der Verband verabschiedet Empfehlungen zu den Arbeitsbedingungen angestellter Dolmetscher*innen (Charta für angestellte Dolmetscher*innen).

Artikel 15

Änderungsverfahren

Diese Berufsstandards können mittels eines mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen angenommenen Beschlusses der Versammlung geändert werden. Es kann ggf. ein Rechtsgutachten eingeholt werden, bevor die Vorschläge der Versammlung übermittelt werden.

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