Für gehörlose und hörgeschädigte Menschen markiert die am 23. November 2016 verabschiedete Resolution des Europäischen Parlaments einen bedeutenden Schritt: erstmals werden von einem EU-Organ nationale und regionale Gebärdensprachen mit den Laut-Sprachen der Mitgliedsländer auf eine Ebene gestellt.
Brüssel im November 2016 und New York im Dezember 2006: Beinahe genau zehn Jahre liegen zwischen der Verabschiedung der „UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ durch die UNO-Generalversammlung und der Entschließung des Europäischen Parlaments zu „Gebärdensprachen und professionellen Gebärdensprachdolmetschern“. Im Mittelpunkt beider Dokumente steht die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an allen Bereichen der Gesellschaft.
EU-Parlament will Gebärdensprachdolmetschen professionalisieren
Um den Bedarf an professionellen Gebärdensprachdolmetschern zu decken, regt die Resolution eine Reihe von Maßnahmen zur Professionalisierung und Qualitätssicherung an. Dazu zählt zusammen mit einer offiziellen Anerkennung des Berufs „Gebärdensprachdolmetscher“ auch die Ausbildung im Gebärdensprachdolmetschen an Universitäten und anerkannten Ausbildungsinstituten, wie es für Konferenzdolmetscher Standard ist. Zusätzlich werden eine offizielle Akkreditierung und ein System zur Qualitätskontrolle vorgeschlagen sowie auf die Notwendigkeit der Bereitstellung von ausreichenden Mitteln für die Ausbildung und Beschäftigung von Gebärdensprachdolmetschern hingewiesen.
AIIC-Region Deutschland begrüßt die Entschließung
„Wir begrüßen ausdrücklich die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Gleichstellung von Gebärdensprachen und zur Professionalisierung des Dolmetschens in Gebärdensprachen. Barrierefreiheit und Inklusion sind sowohl eine Frage der inneren Einstellung als auch Ergebnis schlüssiger Konzepte und Maßnahmen. Mit seinen Vorschlägen folgt das EU-Parlament auch dem Beispiel der AIIC. Seit 1953 garantiert die AIIC die ausgezeichnete sprachliche Kompetenz und die hohen professionellen Standards ihrer Mitglieder. Und aus Erfahrung wissen wir, dass sich mit der verbesserten Verständigung auch die innere Einstellung ändert und Barrieren abgebaut werden“, betont Sarah King, Regionalsekretärin der AIIC-Region Deutschland.
Das Gebärdensprachennetzwerk der AIIC
Innerhalb der AIIC-Region Deutschland gründete sich bereits 2009 ein Gebärdensprachennetzwerk, seit 2012 führt die AIIC weltweit die Gebärdensprachen als offizielle Arbeitssprachen von Konferenzdolmetschern gleichberechtigt neben den Lautsprachen. Das internationale AIIC Sign Language Network war im Vorfeld der Resolution aktiv an der Konferenz „Mehrsprachigkeit und Gleichberechtigung in der EU: Die Rolle der Gebärdensprachen“ im Europäischen Parlament im September 2016 beteiligt. Als Verhandlungspartner der UNO wirkt die AIIC ebenfalls an der Einführung des Gebärdensprachendolmetschens für Sitzungen der UN in New York mit.
AIIC PM EU Resolution Gebärdensprachendolmetschen
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