Mailand, New York, Hamburg: Die Ausstellung „Ein Prozess – Vier Sprachen“ über die Konferenzdolmetscher der Nürnberger Prozesse

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Catherine Pollard, Under Secretary General, United Nations Department for General Assembly and Conference Management
Im Mai 2017 war die Ausstellung „Ein Prozess – Vier Sprachen“ gleich an zwei Standorten zu sehen: im Gebäude der Vereinten Nationen in New York und in Mailand in der Civica Scuola Interpreti e Traduttori „Altiero Spinelli“. Im vergangenen November erlebte die Ausstellung in Hamburg einen weiteren Höhepunkt mit über 1.500 Besuchern und 200 Teilnehmern des Begleitprogramms.

Die Dolmetscher von Nürnberg

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die faszinierenden und bewegenden Lebensläufe der Männer und Frauen, die als Dolmetscher und Dolmetscherinnen der Nürnberger Prozesse gegen führende Vertreter der NS-Herrschaft gearbeitet haben. Das Nürnberger Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher (1945-1946) wurde in den Sprachen Englisch, Französisch, Russisch und Deutsch geführt. Die vier Sprachen wurden im Gerichtsaal gleichberechtigt verwendet, so dass die Dolmetscher die herausfordernde Aufgabe hatten, für eine gleichzeitige Übertragung in alle Gerichtssprachen zu sorgen. Dazu bedienten sie sich der damals kaum erprobten Technik des Simultandolmetschens und sorgten unter großem persönlichen Einsatz bei den Nürnberger Prozessen, die bis 1949 andauerten, für die zügige und nahtlose Verständigung zwischen Richtern, Anklägern, Verteidigern, Angeklagten und Zeugen. Damit hatte die Technik des Simultandolmetschens, die heute aus der internationalen Kommunikation nicht mehr wegzudenken ist, den Durchbruch erreicht.

UNO: „Nuremberg: The Birth of a Profession“

German Mission to UN Twitter- Simultaneous #interpretation was born @ #Nuremberg trials and continues to make @UN cooperation and multilateral diplomacy possible

“During 1945-46, the four nation, four language, international Nuremberg trial of the principal Nazi war criminals was made possible by […] the great skills of interpreters. Tonight, it was inspiring and educational to attend the opening of “Nuremberg: The Birth of a Profession” […]. At the U.N., the exhibit is sponsored by the International Association of Conference Interpreters (AIIC) and supported by the Permanent Missions of France, Germany, the Russian Federation, and the United Kingdom. […]”

John Q. Barrett, law professor at St. John’s University in New York City for Constitutional Law, Criminal Procedure and Legal History and Elizabeth S. Lenna Fellow at the Robert H. Jackson Center in Jamestown, New York.

Die AIIC-Region USA und der Interpretation Service of the Department for General Assembly and Conference Management of the United Nations Organization präsentierten gemeinsam die Ausstellung unter dem Titel „Nuremberg: The Birth of a Profession“ im UNO-Gebäude in New York. Sergey Chernov, Konferenzdolmetscher beim Internationalen Währungsfonds, erläuterte in einem Vortrag die Geschichte des Simultan- und Konferenzdolmetschens auch als einem Vorläufer der Technologiewettläufe zwischen Ost und West. Jesús Baigorri-Jalón (Universität Salamanca, Institut für Übersetzung und Dolmetschen) nutzte in seinem Vortrag „From Nuremberg to the UN“ historische Fotos von Konferenzdolmetschern aus den UN-Archiven als Quelle und Anschauungsmaterial zur Geschichte des Simultandolmetschens an den Sitzen der UNO.

Storify AIIC USA presents “Nuremberg: The Birth of a Profession”

Mailand: „Un processo – 4 lingue“ – Die Nürnberger Prozesse

Die Civica Scuola Interpreti e Traduttori „Altiero Spinelli“ in Mailand stellte den zweiten Standort der Ausstellung im Mai 2017 dar. Gastgeber war die AIIC-Region Italien. Das Begleitprogramm thematisierte die Entwicklung des Konferenzdolmetschens und der internationalen Strafgerichtsbarkeit, die Arbeit von Dolmetschern in Kriegs- und Konfliktzonen und den Wert von Mehrsprachigkeit für Staaten wie die Schweiz. Diskutanten waren unter anderem die amtierende AIIC Präsidentin Angela Keil (Bonn), Laura Garavini (Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe), Linda Fitchett (ehemalige AIIC-Präsidentin und Leiterin der AIIC-Arbeitsgruppe „Dolmetscher in Konfliktzonen“), der Journalist Antonio Di Bella (Leiter RaiNews 24) und Jean-Luc Egger, Leiter des Sprachendienstes im Schweizer Parlament.

Storify “Un processo – 4 lingue”

Civica Scuola Interpreti e Traduttori „Altiero Spinelli“

Hamburg: Standort des Internationalen Seegerichtshofs

Hamburg bot als Sitz des Internationalen Seegerichtshofs im November 2016 ein vielfältiges Programm. Der Hamburger Justizsenator Dr. Till Steffen, Dr. Julia Kauffmann, Mitglied des Vorstandes des Hamburgischen Richtervereins und Prof. Dr. Christiane Driesen (Hamburg/Paris), Vorsitzende des AIIC Committee for Legal and Court Interpreting, eröffneten die Ausstellung in feierlichem Rahmen in der Grundbuchhalle Hamburg. George Drummond (Hamburg, Konferenzdolmetscher und Mitglied des AIIC Committee for Legal and Court Interpreting) führte das Publikum und die Gäste in die Geschichte des Dolmetschens ein. Das Begleitprogramm mit drei Podiumsdiskussionen und Vorträgen zur Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit, der Bedeutung des Gerichtdolmetschens für nationale und internationale Gerichtsverfahren und der Rolle des Internationalen Seegerichthofs wurde von über 200 Gästen wahrgenommen.

Fotograf in Hamburg: Michael Schiller (Seevetal)