Am 1. März ist der Internationale Tag des Kompliments. Wie man in unterschiedlichen Sprachen seine Wertschätzung richtig ausdrückt, dieser Frage ist der internationale Verband der Konferenzdolmetscher AIIC nachgegangen. Mit überraschenden Ergebnissen. So freuen sich Frauen unterschiedlicher Nationen über Koseworte wie Stock oder ein Lob als „wie mit vier Stecknadeln glattgezogen“.
„Von einem guten Kompliment kann ich zwei Monate leben“, schrieb der amerikanische Autor Mark Twain. Aber was ist überhaupt ein „gutes“ Kompliment, und wie unterscheiden sich Komplimente von Kultur zu Kultur? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, hat der internationale Verband der Konferenzdolmetscher AIIC eine Auswahl seiner 300 deutschen Mitglieder befragt, die tagtäglich in und aus 25 verschiedenen Sprachen dolmetschen. Die Ergebnisse zeigen auch, wie eng Sprache und Kultur miteinander verwoben sind.
Ein Affe mit sieben Schwänzen: Komplimente machen, Komplimente annehmen
Die Briten gelten als höfliche Nation. Und als ausgesprochen unhöflich gilt es in Großbritannien, ein Kompliment einfach entgegenzunehmen. Für Britinnen ist es zum Beispiel selbstverständlich, auf ein Kompliment mit einem eigenen Kompliment zu antworten. Wer das erhaltene Kompliment schlagfertig und witzig relativiert, zeigt soziale Kompetenz. In Japan würde man ein erhaltenes Kompliment regelrecht ablehnen, also beispielsweise auf das Lob des Gastes für ein gelungenes Mahl antworten: „Es war ein schlechtes Essen, es tut mir leid, dass ich nichts Besseres servieren konnte.“ Ein kompetenter Dolmetscher würde eine solche Äußerung jedoch niemals wörtlich wiedergeben, sondern – kulturell angepasst – einfach sagen: „Ich freue mich, dass es Ihnen geschmeckt hat!“ In China ist es dagegen kulturell üblich, Komplimente zu verneinen und das Gegenüber zu „zwingen“, das Kompliment noch zu verstärken. Übrigens: Wenn sich ein Niederländer besonders über ein Kompliment freut, fühlt er sich wie ein Affe mit sieben Schwänzen, „een aap met zeven staarten.“
Straßenkomplimente so blau wie der Himmel – die umstrittenen „Piropos“
Wenn eine Frau in lateinamerikanischen Ländern oder Südspanien unterwegs ist, kann es vorkommen, dass sie auf der Straße von Männern im Vorbeigehen kleine Straßenkomplimente – „Piropos“ – zugeraunt bekommt. Dem Einfallsreichtum und der Redegewandtheit der Sprecher sind dabei keine Grenzen gesetzt. „Tan poco azul para tanto cielo“ oder „So viel Himmel und so wenig blau“ ist ein häufig gehörtes Straßenkompliment. Der Kompliment-Macher nimmt die blauen Augen seines Gegenübers als Bezugspunkt für einen freundlichen Kommentar über das gesamte Erscheinungsbild der Frau. Übersetzen könnte man es mit: „Sie sehen einfach umwerfend aus.“ Frauen, die in diesen Ländern sozialisiert wurden, wissen, wie man sich in solch einer Situation verhält: einfach weitergehen und ignorieren.
Stock oder Mond? Die Schönheit liegt in der Sprache des Betrachters
Was wäre Ihre Reaktion, wenn Sie jemand als „Mond“ bezeichnete? Vermutlich würden Sie dies als wenig schmeichelhaft empfinden und an Mondgesicht denken. Und doch ist Mond, die wortwörtliche Übersetzung von Arabisch „Qammar“, das schönste Kompliment, das in der arabischsprachigen Welt einer Frau gemacht werden kann – und steht für die Schönheit des Vollmonds in einer klaren Nacht. Im Polnischen hingegen wird aus „laska“ – auf Deutsch „Stock“ – im richtigen Kontext eine hübsche junge Frau. In Frankreich geht man mit formellen Komplimenten oft auf die perfekte Kleidung ein: „Être tiré à quatre épingles“ könnte man als „mit vier Stecknadeln glattgezogen“ falsch verstehen, korrekt lautet das Kompliment auf Deutsch „wie aus dem Ei gepellt!“.
Von Übertreibungen und falschen Komplimenten im Arbeitsleben
Im amerikanischen und britischen Sprachgebrauch herrscht eine gewisse Neigung zur positiven Übertreibung. Wenn man Sie für einen „outstanding job“ lobt, ist dies nicht gleich nobelpreiswürdig, sondern schlicht: sehr gut. Wenn Sie hingegen jemanden mit: „You’ve done a good job“ loben, heißt das für den Muttersprachler: „Na ja, das war wohl nicht so toll“. Und lobt man Ihren PowerPoint-Vortrag mit der Bemerkung: „That is an original point of view“, will man Ihnen höflich sagen, dass Ihre Idee keinen Gefallen gefunden hat.
Dolmetscher zwischen den Kulturen
„Wenn man jemandem ein persönliches Kompliment macht, steht einem meist kein Dolmetscher zur Seite“, sagt Christa Gzil, Regionalsekretärin des internationalen Verbands der Konferenzdolmetscher AIIC, „und gerade deshalb sollte man sich vorher überlegen, wie eine freundliche gemeinte Aussage in einer anderen Sprache beim Zuhörer ankommt.“ Ausgebildete Konferenzdolmetscher wissen um die Klippen der interkulturellen Kommunikation, da sie nicht nur Worte von Sprache zu Sprache übertragen, sondern vor allem den Sinn. Ziel ihrer Verdolmetschung ist es, in der Zielsprache den gleichen Effekt zu erzielen wie vom Redner beabsichtigt – und das dürfte beim Thema Kompliment sicherlich ein Lächeln auf den Lippen sein.
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